Im Spannungsfeld von Sinn und Geld

Führung von Non-Profit Organisationen

Non-Profit Organisationen sollen sich einerseits an ihrer Mission und an ihren inhaltlichen Werten orientieren, andererseits ist da der Druck ökonomischen Erfolg vorweisen zu können, um als Organisation zu überleben und weiterhin Leistungen für die Bedürftigen erbringen zu können.[1]

Der Druck, der auf den Führungskräften liegt, ist enorm. Es besteht ein ständiges Spannungsfeld zwischen Sinn und Geld.

Der Sinn

Das Problem, dass viele Menschen unter dem Sinnverlust ihrer Arbeit leiden, ist im Non-Profit Sektor wenig anzutreffen. Non-Profit Organisationen sind werteorientierte Organisationen, deren Gründung immer auf ein ideelles, gesellschaftliches Bedürfnis zur Verbesserung einer, als ungerecht oder als verbesserungswürdige Situation wahrgenommen wird, basiert. Die Sinnhaftigkeit der Arbeit verhält sich wie ein Kompass im Alltag.

Obwohl der Sinn der Arbeit ein grosser Motivator ist, birgt er aber auch einen der grössten Burnout-Fallen: Die Arbeit ist nie erledigt! Nie werden alle Kinder dieser Welt genug zu essen bekommen. Nie werden alle Tiere vor dem Aussterben gerettet sein. Nie werden alle Frauen vor Gewalt geschützt sein.

Wer für den Zweck brennt, kann auch ausbrennen. «In einer NPO hat man jeden Tag mit sozialen, ökologischen oder ökonomischen Missständen der Gesellschaft zu tun. Einfach mal ein paar Tage abschalten und bad news zu meiden klappt da nicht. Das ist eine nicht zu unterschätzende, andauernde emotionale Belastung.»[2]

Die Anspruchsgruppen sind sehr vielseitig und alle meinen Mitreden und Mitbestimmen zu dürfen. Dies insbesondere wenn auch ehrenamtliche Personen involviert sind. Allen Erwartungen können die Führungskräfte nicht gerecht werden. Die Führungskraft muss schwierige Entscheidungen treffen und gibt vollen Einsatz ohne an die eigenen Grenzen zu denken. Obwohl dieses Verhalten weder nachhaltig noch gesund ist, wird es als total normal erlebt, da es ja einfach dazugehört. Dabei zeigt sich, dass die „individuelle Erschöpfung Anzeichen für eine kulturelle Erschöpfung“ ist.[3]

Das Geld

Die meisten Non-Profit Organisationen sind auf Spenden angewiesen. Auch in etablierten Institutionen ist die Beschäftigung auf Projektbasis keine Seltenheit. Kann das Projekt nicht mehr finanziert werden, müssen Mitarbeitende entlassen werden. Der Wettbewerb zwischen den Organisationen verschärfte sich in den letzten Jahren und auf dem Stellenmarkt werden primär Fundraiser gesucht.

Der Tenor ist immer derselbe: Es ist nicht genug Geld da.

Mit weniger Mitarbeitenden muss mehr geleistet werden. Die Arbeitsbelastung ist sehr gross. In einer Umfrage von fast 700 Non-Profit Organisationen in Europa wurde die Arbeitsbelastung, der Spendendruck und das Wellbeing der Mitarbeitenden als die grössten Herausforderungen der Organisationen genannt.[4]

Die Spendenden wollen, dass ihre Gelder für den guten Zweck genutzt werden und dass jeder Franken auch bei den von Leid Betroffenen ankommt. Die Spendenden sind sehr sensitiv auf allfällige Missbräuche ihrer Gelder und befürworten eine Kontrolle der Geldflüsse. Die Qualitäts- und Kontrollansprüche sind daher in den letzten Jahren enorm gestiegen, es gab eine massive Professionalisierung im Sektor, inspiriert durch Management Tools des For-Profit Sektors.

Gleichzeitig sind die Spendenden aber auch sehr sensibel auf die Höhe der Administrationskosten, so genannte Overhead costs - Löhne, Miete, IT, Weiterbildungen, etc. Für Projekte kriegt man Finanzierung, doch niemand will die Overhead costs tragen. Ein Spannungsfeld, das schwierig auszubalancieren ist und Führungskräfte in Non-Profit Organisationen vor enorme Herausforderungen stellt.

Auswirkungen auf die Frauen in der Führung von Non-Profit Organisationen

„Es gibt immer wieder und immer öfter so Situationen, dass ich denke: Spinnst du eigentlich? Warum machst du das? …Es bleibt auf der Strecke viel Familie; es bleibt auf der Strecke vor allen Dingen der Freundeskreis; und das Allermeiste, was auf der Strecke bleibt, ist das Persönliche … Zeiten für mich ganz alleine. Das bleibt auf der Strecke … (Doch) ich würde es nie anders machen. Und ich bin glücklich. Und ich glaube, das ist auch das, was einem die Kraft gibt, so verrückte Alltage zu gestalten.“ Weibliche CEO einer NPO[5]

Die ständige Ressourcenknappheit und erhöhte Leistungsansprüche an die Organisation von aussen sind Faktoren, die ein individuelles Burnout stark begünstigen. Man geht davon aus, dass 25-30% der Führungskräfte in Non-Profit Organisationen Burnout gefährdet sind.

Dabei sind neben den bereits genannten Punkten insbesondere schwierige Interaktionen mit Vorständen und Geldgebern und unzureichende Unterstützung in der Führungsrolle herausfordernd.[6]

Es gibt keine spezifischen Studien zu Burnout Gefährdung von Frauen in Führungsfunktionen in Non-Profit Organisationen. Die Studien zu Frauen in Führungspositionen im For-Profit Sektor sind jedoch sehr bedenklich und werden im Non-Profit Sektor noch ausgeprägter sein.

Eine neuste Umfrage von 1’000 Führungskräften in Deutschland geht von einer Erschöpfungsrate von 65% bei Frauen und 60% bei Männern aus.[7]

Das Arbeitsumfeld ist ein Faktor, doch wie die Führungskräfte mit den einzelnen Belastungen und Herausforderungen umgehen, ist ausschlaggebend, ob tatsächlich eine Burnout Gefährdung besteht oder sie sich als resilient zeigen.

Fazit

  • Die Sinnhaftigkeit der Arbeit in Non-Profit Organisationen ist ein essentieller Motivator und Kompass im Alltag. Er birgt aber auch einen der grössten Burnout-Fallen: Die Arbeit ist nie erledigt!

  • Die Sinnhaftigkeit muss mit klaren Werten gefüllt, definiert, gelebt und auch falls nötig angepasst werden. Daher hat Sinnhaftigkeit auch mit Führung zu tun.

  • Führungskräfte von Non-Profit Organisationen bewegen sich ständig im Spannungsfeld von Sinnhaftigkeit und Geldbeschaffung. Es gibt hier kein «entweder oder» sondern nur ein «sowohl als auch».

  • Wie die Führungskraft mit diesem Spannungsfeld umgeht, bestimmt darüber, ob eine erhöhte Burnout Gefährdung besteht. Der Druck insbesondere auf Frauen in der Führung von Non-Profit Organisationen ist enorm.

  • Die Management Tools des For-Profit Sektors müssen an die Kultur und die Spezifitäten der Non-Profit Organisation und des Sektors angepasst werden. Ansonsten kann es zum Konflikt zwischen sinnerfülltem Inhalt und sinnentleerten Prozessen kommen.

 


[1] Simsa, Ruth: Führung in Nonprofit-Organisationen. Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management, 3/14 (2014), S. 30

[2] Sommer, Karin (2023): Burnout - Warum NPO-Mitarbeitende besonders gefährdet sind. URL: https://fundraisingbox.com/blog/burnout-warum-npo-mitarbeitende-besonders-gefaehrdet-sind/ (Stand 29.8.2024)

[3] Loebbert, Michael: Kultur entscheidet. Kulturelle Muster in Unternehmen erkennen und verändern. Wiesbaden: Springer Fachmedien GmbH 2015. S. 26

[4] European Fundraising Association (2023): 2022 Non-Profit Pulse. Tracking Change in Europe. URL: https://efa-net.eu/wp-content/uploads/2023/01/EFA-Salesforce-Nonprofit-Pulse-2022.pdf (Stand 29.8.2024) S. 13

[5] Zimmer et al (2017): Karriere im Non Profit Sektor. Arbeitsbedingungen und Arbeitschancen von Frauen. URL: https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/ifpol/mitarbeiter/zimmer/_nonprofitfrauen_online.pdf (Stand 15.8.2024) S. 85

[6] Simsa, Ruth, 2014, S. 32

[7] Auctority (2024): Erschöpfung bei Führungskräften. URL: https://www.auctority.net/wp-content/uploads/2024/02/AUCTORITY-Studie-Erscho%CC%88pfung-bei-Fu%CC%88hrungskra%CC%88ften_2024.pdf (Stand 29.8.2024) S. 8

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