7 Faktoren für die Resilienz von Führungsfrauen von NPOs
1/3 der Führungskräfte in Non Profit Organisationen sind Burnout gefährdet
„Es gibt immer wieder und immer öfter so Situationen, dass ich denke: Spinnst du eigentlich? Warum machst du das? …Es bleibt auf der Strecke viel Familie; es bleibt auf der Strecke vor allen Dingen der Freundeskreis; und das Allermeiste, was auf der Strecke bleibt, ist das Persönliche … Zeiten für mich ganz alleine. Das bleibt auf der Strecke … (Doch) ich würde es nie anders machen. Und ich bin glücklich. Und ich glaube, das ist auch das, was einem die Kraft gibt, so verrückte Alltage zu gestalten.“[1]
Die ständige Ressourcenknappheit und erhöhte Leistungsansprüche an die Organisation von aussen sind Faktoren, die ein individuelles Burnout begünstigen.[2] Man geht daher davon aus, dass 25-30% der Führungskräfte in Non Profit Organisationen Burnout gefährdet sind.
Es gibt keine spezifischen Studien zu Burnout Gefährdung von Frauen in Führungsfunktionen in Non Profit Organisationen. Die Studien zu Frauen in Führungspositionen im For Profit Sektor sind jedoch sehr bedenklich und werden im Non Profit Sektor noch ausgeprägter sein. «Mehr als die Hälfte der Frauen in Führungspositionen (in den USA: Anmerkung Autorin) fühlen sich ständig ausgebrannt und Frauen leiden häufiger an einem Burnout als Männer (32% zu 28%).»[3] Am Ende der Pandemie im Jahr 2022 stieg diese Rate auf 43% zu 31%.[4]
Eine neuste Umfrage von 1’000 Führungskräften in Deutschland geht sogar von einer Erschöpfungsrate von 65% bei Frauen und 60% bei Männern aus.[5]
Was bedeutet dies nun konkret für die Führungsfrau in Non Profit Organisationen? Was müssen Frauen in der Führung von Non Profit Organisationen bezüglich ihrer Resilienz beachten?
Es gibt 7 Faktoren, welche für die Resilienz von Führungsfrauen von Non Profit Organisationen wichtig sind:
Mit dem Spannungsfeld von Geld und Sinn umgehen lernen
Wertekongruenz herstellen
Bewusstes Erwartungsmanagement mit sich und anderen
Seinen Mann als Frau stehen
Selbstfürsorge pflegen
Sich seiner Motivation bewusst sein
Glaubenssätze bearbeiten
1. Mit dem Spannungsfeld von Geld und Sinn umgehen lernen
Die Führungsfrauen von Non Profit Organisationen bewegen sich ständig im Spannungsfeld von Sinnhaftigkeit und Geldbeschaffung. Das scheinbare Dilemma muss ausgehalten werden. Es gibt hier kein «entweder oder», sondern nur ein «sowohl als auch».
Die Sinnhaftigkeit der Arbeit in Non Profit Organisationen ist ein essentieller Motivator und Kompass im Alltag. Er birgt aber auch einen der grössten Burnout-Fallen: Die Arbeit ist nie erledigt! Wer für den Zweck brennt, kann auch ausbrennen. «In einer Non Profit Organisation hat man jeden Tag mit sozialen, ökologischen oder ökonomischen Missständen der Gesellschaft zu tun. Einfach mal ein paar Tage abschalten und bad news zu meiden klappt da nicht. Das ist eine nicht zu unterschätzende, andauernde emotionale Belastung.»[6]
2. Wertekongruenz herstellen
Non Profit Organisationen sind werteorientierte Organisationen, deren Gründung immer auf ein ideelles, gesellschaftliches Bedürfnis zur Verbesserung einer, als ungerecht oder als verbesserungswürdige Situation wahrgenommen wird, basiert.
Eine Führungsfrau einer Non Profit Organisation muss sich ihrer persönlichen Werte und deren Hierarchie bewusst sein und vorleben. Gleichzeitig müssen die Werte der Organisation definiert und in Statuten und Leitbild festgehalten, in Strukturen und Prozessen gelebt und regelmässig auch überprüft werden. Eine grundsätzliche Wertekongruenz zwischen den eigenen Werten und den Werten der Organisation muss gegeben sein. Eine grössere Diskrepanz dazwischen führt zu einer Verleugnung der eigenen Werte und zu Stress.
3. Bewusstes Erwartungsmanagement mit sich und anderen
Die Anspruchsgruppen und deren Erwartungen an Non Profit Organisationen und deren Führungskräfte sind sehr vielseitig und komplex. Das Wissen, dass Erwartungen da sind, nie alle Erwartungen erfüllt und diese kaum einmal vollständig transparent sind, hilft schon einmal etwas gelassener damit umzugehen.
Es braucht eine klare Kommunikation, welche Erwartungen erfüllt und welche auch nicht erfüllt werden können. Dieser Schritt der klaren Abgrenzung ist essentiell um erfolgreich als Führungskraft agieren zu können. Und um die Resilienz einer Führungskraft aufrechtzuerhalten. Intransparente Erwartungen und schwammige Verhältnisse sind Nährboden für Stress. Angereichert mit unreflektierten Erwartungen an sich selbst steigt die Gefahr eines Burnouts exponentiell.
4. Seinen Mann als Frau stehen
Frauen und Männer mit gleicher Qualifikation werden weiterhin sehr unterschiedlich wahrgenommen. Die Leistungserwartung an Frauen in der Führung ist höher, die informellen Vereinbarungen sind weiterhin männlich dominiert, die Entlöhnung ist tiefer und Beförderungen laufen langsamer als bei Männern.[7] Alles Aspekte, die Herausforderung für die Resilienz der Führungsfrau sein können.
Es tut sich aber auch einiges. Viele Non Profit Organisationen haben sich in den letzten Jahren stark mit dem Thema auseinandergesetzt. Hierarchische und weisungsbezogene Strukturen, die eher einem männlichen Führungsstil zugeordnet werden können, wurden durch agile und kollaborative Kreisstrukturen, welche eher einem weiblichen Führungsstil zugeordnet werden können, ersetzt (Amnesty International, HEKS, Pro Juventute, u.a).
5. Selbstfürsorge pflegen
Selbstfürsorge ist entscheidend für die Aufrechterhaltung der physischen, mentalen und emotionalen Gesundheit und Resilienz. Dazu gehören regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und Zeit für Entspannung. Eine positive Einstellung und Optimismus sind Schlüsselkomponenten der Resilienz. Optimistische Menschen neigen dazu, Herausforderungen als Chancen zu sehen und haben eine größere Bereitschaft, sich anzustrengen, um ihre Ziele zu erreichen.
Selbstfürsorge ist nicht delegierbar. Jedoch stolpern Frauen in Führungsfunktionen in Non Profit Organisationen ab und zu über ihre eigenen Werte und Glaubenssätze und verzichten auf Unterstützung zu Gunsten der Organisation: In einer Umfrage im Stiftungssektor wurde festgestellt, dass “the executive directors felt that if there was funding it should go to the people they serve rather than themselves. This belief created dissonance within them about seeking coaching help. This may be one of a number of reasons that coaching is underutilized in non-profit organizations.”[8]
6. Sich seiner Motivation bewusst sein
Führungsfrauen in Non Profit Organisationen sind sehr intrinsisch motiviert, folgen ihren Interessen, Freude und brauchen viel Gestaltungsfreiheit. Sie wollen die Welt positiv verändern, was von einer Altruistische Motivation herrührt. Die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit steht im Zentrum. Die intrinsische Motivation ist wichtig für ein resilientes Leben. Ein Übermass davon kann jedoch auch ihre Schattenseiten haben, wenn die eigenen Grenzen ständig überschritten werden.
Die Höhe des Gehalts ist weniger wichtig, doch die Führungskräfte in Non Profit Organisationen wollen für ihren Einsatz bezahlt werden und schätzen auch den grösseren Einfluss (Macht und Gestaltungsfreiraum), der damit verbunden ist. Diesbezüglich gibt es also auch extrinsische und egoistische Motivatoren, sie werden aber primär als Hygienefaktoren wahrgenommen.[9]
7. Glaubenssätze bearbeiten
Mit der Bearbeitung von Glaubenssätzen könnten sich Führungsfrauen in Non Profit Organisationen schwertun, da diese Glaubenssätze sehr im Unbewussten bleiben. Mit der Kombination von 1. grossem Leistungswillen, 2. die Welt verbessern zu wollen, es aber nie wirklich zu schaffen, 3. die Bedürfnisse anderer über seine eigenen zu stellen und 4. einem grossen Perfektionismus, ist die Erschöpfung eigentlich schon fast vorprogrammiert.
In meinen 20 Jahren Berufserfahrung im Non Profit Sektor habe ich viele solche Führungsfrauen kennengelernt und leider auch einige mit Erschöpfungszuständen erleben müssen. Sie entsprechen den zwei Risiko-Persönlichkeiten für ein Burnout Symptom: Selbstverbrenner und Verschleisser.[10]
Fazit
Es zeigt sich, dass die Resilienz von Führungsfrauen von Non Profit Organisationen auf vielen Ebenen gefordert ist. Führungsfrauen sind gefordert, weil sie Frauen, weil sie in der Führung und weil sie im Non Profit Sektor tätig sind. Dies ist eine Kombination von Faktoren, welche Aufmerksamkeit bedarf.
Ein bewusstes Resilienzmanagement ist kein «nice to have», sondern Voraussetzung für eine langfristige, erfolgreiche, lustvolle und gesunde Tätigkeit für Führungsfrauen in Non Profit Organisationen.
[1] Zimmer et al (2017): Karriere im Non Profit Sektor. Arbeitsbedingungen und Arbeitschancen von Frauen. URL: https://www.uni-muenster.de/imperia/md/content/ifpol/mitarbeiter/zimmer/_nonprofitfrauen_online.pdf (Stand 15.8.2024) S. 85
[2] Schwazer, Jasmin: Burnout in Teams. Ursachenanalyse und Ableitung von Vorbeugungsmaßnahmen. Wiesbaden: Springer Fachmedien GmbH 2020. S. 35
[3] Koberling, Leonie (2023): Führung und Burnout: Wie Führungskräfte Burnout vermeiden können. URL: https://www.speexx.com/de/speexx-blog/fuehrung-und-burnout-wie-fuehrungskraefte-burnout-vermeiden-koennen/ (Stand 29.8.2024)
[4] LeanIn/McKinsey&Company (2023): Women in the Workplace 2022. URL: https://leanin.org/women-in-the-workplace/2022/why-women-leaders-are-switching-jobs (Stand 29.8.2024)
[5] Auctority (2024): Erschöpfung bei Führungskräften. URL: https://www.auctority.net/wp-content/uploads/2024/02/AUCTORITY-Studie-Erscho%CC%88pfung-bei-Fu%CC%88hrungskra%CC%88ften_2024.pdf (Stand 29.8.2024) S. 8
[6] Sommer, Karin (2023): Burnout - Warum NPO-Mitarbeitende besonders gefährdet sind. URL: https://fundraisingbox.com/blog/burnout-warum-npo-mitarbeitende-besonders-gefaehrdet-sind/ (Stand 29.8.2024)
[7] Weibler, Jürgen: Weibliche Führungskräfte in NPO. Exklusion von der Macht? Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management, 1/17 (2017), S. 21-27.
[8] Allen/Mayberry (2017): Coaching for Non Profit Leaders. URL: https://kathleenallen.net/wp-content/uploads/2017/12/Coaching-for-Nonprofit-Leaders-4-1-08.pdf (Stand 21.8.2024) S.1
[9] Krönes, Gerhard: Arbeitsentgelt in NPO aus motivationaler Sicht. Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management, 2/08 (2008), S. 8-9
[10] Living Sense GmbH, Cattai Juliab: Burnout & Coaching, 2024, Dipl. Resilienz- & Stresscoach CIS. S.12